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Games aus der Cloud, wo sind wir und wohin geht die Reise?

Sven Kirsch

Cloud Gaming – flüssiges Zocken auch mit schlechter Grafikkarte? (esports.com)

Was genau ist Cloud Gaming?

Cloud Gaming lässt sich mit Remote Desktops, Cloud Computing und Video on Demand Diensten vergleichen. Im Grunde beinhaltet Cloud Gaming das Streamen von Videospielen aus der Cloud zum Endkunden. Dabei erfasst und überträgt der Client seine Nutzereingaben (bspw. Maus, Tastatur, Controller) an den Server. Während dieser wiederum die Gesamtspielweltberechnung sowie Nutzereingaben-Auswertung bewältigt. Der Client stellt lediglich die Kapazität bereit, die Frames in der gewünschten Qualität gestreamt zu bekommen. Wesentliche Vorteile ergeben sich für leistungsschwache Geräte, während der offenkundige Nachteil in der Notwendigkeit einer gut ausgebauten Dateninfrastruktur liegt.

Neben Game Streaming gehört zum Cloud Gaming auch das Hosten von Serverinstanzen für Onlinespiele, sowie das Bereitstellen von Plattformdiensten (bspw. Bestenlisten, Chatsysteme, Authentifizierung etc.). Wesentlicher Bestandteil ist des Weiteren das Angebot von leistungsfähigen Downloadservern.

Plattformdienste und etablierte Nutzung der Cloud

Plattform- oder Onlinedienste bieten Schnittstellen, welche Spielemetadaten zur Verfügung stellen. Diese Dienste Umfassen in der Regel Funktionalitäten wie Bestenlisten, Chat- und Gruppensysteme sowie Onlinelobbys, aber auch Metadienste wie Authentifizierung, Analyse, Zuordnung von Spieleridentitäten und Matchmaking. Hierbei können Dienste sowohl öffentlich im Internet als auch intern für andere Dienste zur Verfügung stehen. Während diese Systeme zu Beginn ihres Aufkommens noch als einzelne Monolithen bereitgestellt wurden, bieten heutige Cloudbetreiber solche Dienste als Microservices an. Dies sorgt dafür, dass sich die hohe Skalierbarkeit der Cloud auf die Plattformdienste übertragen lässt. Diese Skalierbarkeit ist vor allem deshalb wichtig geworden, da der Spielemarkt in den letzten Jahren stark gewachsen ist und auch die Spiele selbst immer ressourcenintensiver geworden sind. Als gutes Beispiel kann man hierfür eine der größten Spieleplattformen hernehmen: Steam. Steam integriert viele der angebotenen Spiele in die eigenen Plattformdienste. Dies umfasst Beispielsweise eine Freundesliste, Chatsysteme, Matchmaking und Verbindungssysteme. Zusätzlich wird auch die dahinter liegende Infrastruktur für die Vermarktung der Spiele von Steam gestemmt. Dies umfasst einen Webshop und Downloadserver.

Der große Aufwand und die Nachfrage nach diesen Diensten zeigen sich anhand des weltweiten Datenverkehrs von Steam. So kommt zum Zeitpunkt dieses Blogeintrags allein der deutsche Datenverkehr auf über 35 Petabyte innerhalb der letzten 7 Tage. Und dies wiederum entspricht lediglich ca. 4,3% des weltweiten Datenvolumens.

Aufnahme der Steam Statistiken am 16.03.2022 um 14.48 Uhr – Steam: Game and Player Statistics (steampowered.com)

Diese Zahlen steigen vor allem dann rasant an, wenn es zu speziellen Aktionen kommt, wie etwa dem Release eines neuen, stark erwarteten Spieles oder Sale-Aktionen vergleichbar mit einem Black-Friday für Games. Hierbei kommt es dazu, dass teilweise Millionen von Spielern gleichzeitig das neue Produkt erwerben und herunterladen wollen.

Diese starke Belastung spüren aber nicht nur Shop- und Downloadserver, sondern natürlich auch die klassischen dedizierten Spieleserver selbst. Gerade beim Release eines neuen Massive Multiplayer Onlinespiels (MMO) oder einer neuen großen Inhaltserweiterung versuchen sich gleichzeitig mehrere tausende Spieler auf den Spieleservern einzuloggen, während es zum Normalbetrieb meist nur ein Bruchteil der User ist. Auch hier hilft die hohe Skalierbarkeit der Cloud. Da solche Ereignisse normalerweise zu dem Betreiber bewussten und geplanten Zeiten auftreten können allerdings im Vorfeld schon Ressourcen reserviert und bereitgestellt werden.

Technische Herausforderungen des Game Streaming

Während Plattform- oder Onlinedienste auf die heute weit verbreiteten und gut etablierten Microservice Strukturen und Architektur zurückgreifen, eröffnen sich mit Games as a Service oder Game Streaming ganz neue Herausforderungen. Die Simulation des eigentlichen Spiels kann noch problemlos in einer emulierten Umgebung ablaufen und seine Inputs von außen beziehen, sowie das berechnete Resultat nach außen über einen Video stream abgeben. Das wahre Problem liegt allerdings in der Latenz. Bei Games handelt es sich im Gegensatz zu den meisten anderen Medien um ein interaktives Medium. Das heißt auf eine Aktion des Nutzers muss idealerweise eine unmittelbare Reaktion des Mediums erfolgen. Bei Game Streaming sind die Ansprüche daran besonders hoch, wenn es mit anderen interaktiven Medien wie einem Livestream mit Live Chat verglichen wird. Hier sind Verzögerungen von bis zu 1 Sekunde noch akzeptabel. Bei Spielen hingegen wird eine Latenz von wenigen Millisekunden erwartet. In dieser Zeit muss also die Eingabe beim Client registriert, an den Server geschickt, dort verarbeitet und ein neues Bild an den Client zurückgeschickt, decodiert und angezeigt werden.

Eine abstrahierte, allgemeine Darstellung der Abläufe eine Game Streaming Dienstes – CloudRetroPicture.png (787×492) (webrtchacks.com)

Was kann Cloud Gaming?

Viele Vorteile aus Cloud Computing und Video on Demand Diensten können sich direkt auf Game Streaming übertragen lassen.

  • Für das Spielen von Games aus der Cloud wird keine teure, eigene Hardware benötigt. Der Streamingdienst Betreiber stellt die nötige Hardware zur Verfügung, um das gewünschte Spiel auf einer maximalen Qualitätsstufe darstellen zu können.
  • Um die Wartung, Instandhaltung und Modernisierung der Hardwaresysteme kümmert sich der Streaming Anbieter. Für den Endkunden fallen dadurch keine hohen Einzelkosten an.
  • Spiele stehen jederzeit und überall auf vielen verschiedenen Endgeräten zur Verfügung. Auch leistungsschwache Geräte wie Smartphones, Smart TVs oder einfache Laptops können somit zum Spielen Hardwareintensiver Titel verwendet werden
  • Das Manipulieren und Betrügen in Online- und Singleplayerspielen wird durch das Streaming erheblich erschwert. Dies resultiert direkt aus der Begrenzung der Interaktionspunkte mit dem Spiel. Lediglich die Bildausgabe und die Nutzereingabe finden auf dem lokalen Gerät statt. Jegliche weitere Informationsverarbeitung, wie beispielsweise die Position eines Mitspielers bleiben dem Nutzer verborgen.

Neben den Vorteilen gibt es jedoch auch einige Nachteile:

  • Für Gamestreaming ist zwingend eine durchgehende, leistungsstarke Internetverbindung von Nöten. Denn im Gegensatz beispielsweise zum Video on demand kann bei Game Streaming kein Buffering verwendet werden. Dies ist bei Spielen allerdings nicht möglich, da der weitere Verlauf des Spieles direkt von den Eingaben des Spielers abhängig ist. Ein Verbindungsverlust führt somit zwangsläufig zu einer abrupten Unterbrechung der Spielsession.
  • Schwankungen in der Bandbreite führen zu einer Drosselung der Bildqualität und mindern damit das Spielerlebnis.
  • Das Übertragen bereits in Besitz befindlicher Spiele werden von vielen Anbietern nicht unterstützt. Dies kann dazu führen, dass Spiele entweder nicht zur Verfügung stehen oder nochmals auf der Streaming Plattform gekauft werden müssen.
  • Das Modifizieren der eigenen Spieldaten wird unterbunden, da nicht lokal auf die Spielinhalte zugegriffen werden kann. Dies verhindert, dass Spieler Modifikationen erstellen und ihr Spielerlebnis bei Bedarf individuell anpassen können.
  • Der Anbieter entscheidet welche Publisher und Franchise in seinem Portfolie aufgenommen werden. Dies erschwert vor allem kleine Studios oder Indie Entwickler sich auf dem Markt zu etablieren.
  • Spiele stehen zusätzlich nur solange zur Verfügung so lange sie sich im Angebot des Streamingdienst befinden oder dieser die Lizenzen hierfür besitzt.

Fazit

Cloud Gaming umfasst mehr als nur Game Streaming. Es ist bereits fester Bestandteil der heutigen Infrastruktur, da ein Großteil der Spiele auf Cloud-Dienste zurückgreift oder durch Plattformen wie bspw. Steam in diese integriert wird. Zwar steht Game Streaming an sich gerade erst in den Startlöchern, doch es würde mich nicht verwundern, wenn immer mehr Nutzer umsteigen oder zumindest teilweise auf dessen Vorteile zugreifen würden. Meiner Meinung nach wird es in absehbarer Zeit kein kompletter Ersatz für alle Spieler werden. Allerdings bin ich der Überzeugung, dass Game Streaming zum Netflix der Spieler wird, da es aufgrund der vorhandenen Technologien, Infrastruktur und Kunden über ein hohes Potential verfügt. Die Entwicklung der Streaming Ttechnologien steht allerdings erst an ihrem Anfang. Eine Weiterverfolgung wird sich in jedem Fall lohnen.

Quellen

Überblick über die Cloud-Gaming-Infrastruktur  |  Cloud Architecture Center  |  Google Cloud
Microservices – Wikipedia
Unreal Pixel Streaming in Azure – Azure Gaming | Microsoft Docs
Azure for Gaming – Azure Gaming | Microsoft Docs
Cloud-Gaming: Die besten Anbieter im Vergleich | heise Download
Cloud-Gaming im Vergleich: Die besten Spiele-Streamingdienste | NETZWELT
Cloud Gaming – flüssiges Zocken auch mit schlechter Grafikkarte? (esports.com)
Cloud gaming – Wikipedia
Xbox Cloud Gaming – Wikipedia
What is cloud gaming and how does it work? – Dot Esports
How Cloud Gaming and Streaming Games on Stadia and xCloud Works (makeuseof.com)
Open Source Cloud Gaming with WebRTC – webrtcHacks
Youtube: Google WebRTC project update & Stadia review

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